Ich habe schon öfters Interviews gegeben, und mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholen sich dabei bestimmte Fragen.

Diese Seite widme ich deswegen den Fragen, die mir noch nie jemand gestellt hat.

 
    Warum hast du Film studiert?


Das gerät oft in Vergessenheit: Ich habe tatsächlich Film studiert, Dramaturgie und Drehbuch. Und das nicht etwa, weil sich grade nichts Besseres fand. Das Studium war anstrengend und schwierig, teilweise richtige Knochenarbeit. Ohne eine gewisse Leidenschaft und Begeisterung macht man das nicht. Auch jetzt, Jahre nach Abschluss des Studiums, denke ich, dass es nicht das Falsche für mich war. Dramaturgie, das liegt mir. Und es ist auch beim Schreiben nicht schlecht, wenn man davon eine Ahnung hat.  Überhaupt habe ich festgestellt, dass die Dinge, die ich im Zusammenhang mit dem Filmstudium gelernt habe, auch in anderen Bereichen sehr nützlich sind. Aber natürlich ist der Film selbst für mich nach wie vor nicht nur ein Steckenpferd, sondern eine Liebe.



    Was fasziniert dich am Animationsfilm?


Ein Hauptgrund, warum ich Film studiert habe, war tatsächlich meine Begeisterung für Animationsfilme. Es gehört zu meinen ganz stillen Träumen, einmal für einen Animationsfilm das Drehbuch zu schreiben. Ich finde es ziemlich schade, dass die Kunst des Animationsfilms so häufig als „Kinderkram“ betrachtet wird. Es gibt noch sehr viel mehr als Spongebob und Bambi. Am Animationsfilm hat mich immer seine Schrankenlosigkeit, seine überbordende Phantasie, seine visuelle Kraft fasziniert, aber auch seine Präzision, sein Rhythmus. Hier ist wirklich gar nichts dem Zufall überlassen. Schreiben ist ein bisschen so: Einerseits schrankenlos - was auf dem weißen Blatt passieren wird, ist völlig offen, ich kann Planeten explodieren lassen, ich kann die verrücktesten Figuren erfinden. Andererseits aber bin ich auch an die „Regeln der Kunst“ gebunden, an die innere Stimmigkeit der Sprache, also an einen bestimmten Erzählton. Sobald ich einen der unzähligen Wege eingeschlagen habe, kann ich eben nicht mehr so, wie ich will, sondern muss gewissen Vorgaben folgen. Wenn ich das nicht tue, dann wäre das, als wenn in „Bambi“ plötzlich eine Figur aus „Waltz with Bashir“ auftauchen würde.



    Was außer Schreiben und Theater begeistert dich sonst noch?


Medienanalyse zum Beispiel. Von Film bis Feuilleton, von Wikipedia bis Weblog grabe ich mich wie ein rasender Maulwurf durch die Medienlandschaft. Bedingt durch mein Studium wittere ich überall Dramaturgien, Manipulationen, Ungeschicklichkeiten oder meisterliches Handwerk. Ich versuche, Subtexte aufzudecken und Tendenzen zu erkennen, ich liebe das Spiel mit Andeutungen, Zitaten und Ähnlichkeiten und freue mich, wenn ich mithalten kann. Über das Thema „Dramaturgien für Kinder“ habe ich meine Diplomarbeit geschrieben, und seither hat mich diese Thematik nicht mehr losgelassen. Naheliegend, dass ich auch Vorträge zur Medienpädagogik halte, oder aber auch, wie zuletzt, über die Nonne im Film.

Was ich sonst noch mag: Die Arbeit mit dem Computer. Da ist viel mehr drin als bloß Word. Internetrecherchen, Fotobearbeitung, Powerpointpräsentationen, die Gestaltung von Webseiten - es gibt einiges zu basteln, und ich bastle mit Leidenschaft...

Und dann gibt es da noch die „verrückten“ Träume, die für einen Menschen um Dreißig vielleicht etwas lächerlich sind. Zum Beispiel würde ich sehr gerne mal für ein Lustiges Taschenbuch oder sonst einen Comic texten, also Sprechblasen füllen. Vielleicht hab ich da als Ideal Erika Fuchs im Kopf, die das mit viel Witz und Hintergründigkeit gemacht hat - und auch heute noch gibt es sehr gute Leute in diesem Bereich. Oder ich würde gerne bei einer Synchronisation, am liebsten eines Animationsfilms natürlich, mitwirken. Synchrondialoge schreiben u.ä. Ich finde es sehr schade, dass da manchmal so lieblos herumgepfuscht wird. Manche Filme kann man sich in ihrer synchronisierten Fassung fast nicht ansehen ...

Und tatsächlich ist dieser Wunsch 2010 zumindest teilweise in Erfüllung gegangen: Als ich nämlich zusammen mit Stefano Zangrando und Armin Barducci das Comic-Projekt “Time Zap” erarbeitet habe ...

Ich backe gerne Brot. Es hat für mich etwas Magisches, wenn aus Wasser, Salz, Mehl und Hefe ein duftendes, flaumiges Brötchen entsteht.

Außerdem liebe ich es, mit meinem Hund neue Tricks zu lernen.



    Wie stehst zu anderen Künsten?


Ich liebe die Musik. Sie ist ein wichtiger Teil meines Lebens, auch wenn  ich meine „Sängerinnenkarriere“, wie schon anderswo erwähnt, schon in der Volksschule aufgegeben habe. Umso mehr bewundere ich andere, die sich der Musik verschrieben haben.

Eng mit der Musik verbunden ist auch der Tanz, der es mir ebenfalls schon von Kind auf angetan hat. Viel mehr als früher begreife ich heute die Grenzen zwischen Tanz und Theater als fließend, wie ich überhaupt bemerkt habe, dass alles sehr viel enger zusammenhängt und ineinandergreift, als ich angenommen hatte.

Zu den anderen Künsten, insbesondere zur Malerei, hatte ich lange keinen sehr guten Draht. Das liegt wohl in erster Linie daran, dass ich selbst leider keine gute Hand dafür habe und ich mich daher einfach nicht so sehr dafür interessiert habe. Durch kunstinteressierte Freunde und die Zusammenarbeit mit anderen Künstlern (und vor allem durch das Buch Lunarda) aber habe ich zunehmend auch diesen vorher „weißen Fleck“ auf meiner Landkarte zu erforschen begonnen, und mittlerweile stehe ich nicht mehr gar so wie der Ochs vorm Berg. Interessanterweise hat dabei gerade die moderne Kunst, die mit ihren Provokationen oft auf Ablehnung stößt, bei mir „einen Stein im Brett“, auch wenn mir natürlich längst nicht alles gefällt.



    Warum schwärmst du so sehr für das Kunstlied?


Man möchte meinen, meine Liebe zum Kunstlied habe nichts mit der Schreiberei zu tun. Aber in der Kunst hat meist alles mit allem zu tun.

Das Kunstlied hat mich früher nicht sehr interessiert. Erst mit Anfang Zwanzig habe ich es für mich entdeckt. Dabei war es nicht nur die Verquickung von Text und Musik, die mich fasziniert hat, sondern vor allem die teilweise bestürzende Macht der Interpretation. Hier wird der Text nämlich gleich mehrfach interpretiert: Einerseits durch den Komponisten, andererseits aber auch durch die Ausführenden, also durch den Sänger und die instrumentale Begleitung (meist, aber längst nicht immer in Form eines Klaviers). Man möchte meinen, einem guten Text könne eine schlechte Interpretation nichts anhaben - leider ist dem ganz und gar nicht so.

Ein guter Text kann durch eine schlechte Melodie verdorben werden, und wenn dann auch noch die Ausführenden nur mittelmäßig sind, ist ohnehin alles zu spät. Umgekehrt kann ein eher schwacher Text durch eine packende Melodie und eine hervorragende Interpretation aufgewertet werden. Diese banale Tatsache ist beklemmend und befreiend zugleich: Sie zeigt mir, dass es nicht genügt, wenn ich einen guten Text schreibe. Ich muss auch auf wohlwollende Interpreten stoßen, die bereit sind, den Text so zu lesen, dass er „klingt“. Man kann durch schlechtes Lesen die besten Verse vernichten, aber man kann sich auch nahezu jeden Text „schönlesen“. Natürlich soll das jetzt nicht heißen, dass der Leser „an allem schuld“ ist. Aber gerade, wenn es um Rezensionen geht, habe ich doch oft den Eindruck, dass der betreffende Leser schon mit einer gewissen Stimmung an die Sache herangeht. Wieder einmal in der Luft zerrissen zu werden, ist zwar nicht schön und man gewöhnt sich auch nie wirklich daran, aber mittlerweile denke ich in solchen Fällen an Friedrich Rückert: Sein Gedicht „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ habe ich früher als sehr mittelmäßig und wenig aussagekräftig abgetan. Dann habe ich die Vertonung von Gustav Mahler gehört, und seither gehört dieses Gedicht zu meinen liebsten.



    Was hat es mit deinen Raetia-Buch-Covern auf sich?


Der Raetia-Verlag ist zwar klein und verfügt nur über bescheidene finanzielle Mittel, dafür hat man als Autorin mehr Freiheiten und mehr Mitspracherecht. So konnte ich bei jedem Buch an der Cover-Gestaltung mitwirken, was zwar, wenn ein gewisser Termindruck da ist, mühsam sein kann, aber letztlich auch Freude macht. Deswegen hat jeder Buchumschlag auch seine eigene Geschichte.

„Ausgebrochen“ zum Beispiel zeigt ein Foto, das Maria Gapp gemacht hat. Man erkennt erst beim genauen Hinsehen, was das sein soll: Es ist ein Ausschnitt von meiner nackten nassen Schulter, darüber ein paar Haarsträhnen. Wir haben dieses Cover gewählt, weil in den beiden Erzählungen die Haut mit ihrer Verletzlichkeit ein wichtiges Leitmotiv ist.

Für „rosa leben“ hat Maria ein Foto aus meinem Familienalbum bearbeitet. Auf dem Foto sieht man mich als kleines Mädchen mit kurzen Haaren und einem rosaroten Pullover, wie ich mich mit einer Schnute anschicke, meine Patentante Christl zu küssen. In jeder der vier Erzählungen des Buches kommen ein oder mehrere Kinder vor. Der kleine Ausschnitt des Glücks vor dem vielen Asphalt im Hintergrund des Fotos passt sehr gut zum Grundton des Buches.

„Im Kokon“ wiederum war ein ganz besonderes Projekt. Das Buch hat märchenhafte Elemente, und es geht um die Phantasie als Realitätsstifterin. Daher war die Idee naheliegend, das Buch mit Illustrationen zu versehen. Die von mir sehr geschätzte Südtiroler Künstlerin Michaela Götsch erklärte sich bereit, Bilder für das Buch anzufertigen. Aus Zeitgründen ist es dann doch nicht zu einer durchgehenden Illustration gekommen. Aber immerhin hat Michaela nicht nur das wunderbare verschlungene Gespinst des Titelmotivs gestaltet, sondern auch noch viele andere Bilder, die in ihrer Vielfalt und ihrem Ideenreichtum überwältigend waren. Leider konnten wir nicht alle zusammen für den Buchumschlag verwenden... Im Buch findet man daher auf Seite 5 ein Schwarz-Weiß-Bild und bei jedem neuen Kapitel eine kleine Raupe. Von „Im Kokon“ kann man auch eine Sonderausgabe mit einem farbigen Originaldruck von Michaela Götsch kaufen, die Auflage ist limitiert, jeder Druck ist ein Einzelstück.

Für „Es ist nichts geschehen“ kam wieder Maria Gapp zum Zug. An einem heißen August-Nachmittag habe ich sie mit einem kleinen Plateau voller Kuchen besucht, und dann ging es in den Garten zum Fototermin. Im Buch geht es um Vertuschung und die Fassade einer heilen Welt, welche die Figuren  einander vorspielen. Als Leitmotiv für die Verlogenheit und falsche Beschaulichkeit habe ich das scheinbar gemütliche Beisammensitzen bei Kaffee und Kuchen gewählt. Daher war es folgerichtig, auch auf das Titelbild Kaffee und Kuchen zu setzen. Ich finde, bereits das Foto erzeugt bei aller scheinbaren Banalität und Alltäglichkeit des Motivs eine Atmosphäre der Verstörung und Unbehaglichkeit - was durchaus so gemeint war.

Das Cover für “Helena” war besonders schwierig zu finden. Nachdem “Im Kokon” und “Es ist nichts geschehen” beide (zumindest äußerlich) sehr schöne Bücher geworden sind, war es klar, dass wir ein mindestens ebenso schönes nachlegen mussten. Ich wusste nur eins: blau musste es sein. Nicht nur deswegen, weil es sich sehr gut in die Reihe von “Im Kokon” (gelb) und “Es ist nichts geschehen” (rot) fügte. Sondern vor allem deswegen, weil die Farbe ja tatsächlich eine wichtige Rolle spielt. Helenas Augen sind blau, und auch das Meer, das einen wichtigen Teil des Buches ausmacht, ist blau. Letztendlich war es dann Conny Cossa, der in seinem Bilderfundus ein passendes Foto gefunden hat.

Bei “Luba und andere Kleinigkeiten” war es wieder Maria Gapp, die ein besonderes Händchen für die Kleinigkeiten hatte und aus Nest, Bärenlöffel und Vogelhäuschen ein bezauberndes Bild komponiert hat. Mein Liebling: Das Schoko-Ei im Vogelnest, das sehr gut die Ironie und den Witz des Buches reflektiert.


    Was nervt dich an Veröffentlichungen im Internet?


Das Internet ist an sich eine wunderbare Sache, und gerade für Menschen, die gerne und viel schreiben, ist es ein wahrer Segen. Eines aber stört mich ziemlich: die Heckenschützen. Wer im Internet veröffentlicht und sich mit vollem (und: richtigem!) Namen  stellt, wird natürlich angefeindet. Das ist bei einer Veröffentlichung in einer Zeitung usw. auch nicht anders. Aber die Anfeindungen im Internet haben doch noch einmal eine andere „Qualität“. Wer in der Zeitung bösartige Leserbriefe schreibt, kann das nicht anonym machen, und auch, wer am Stammtisch hetzt, kann sich nicht verstecken. Im Internet aber kommentiert man hinter der Maske von „unstern34055“ beliebig und ungeniert. Mir ist es schon öfter passiert, dass man mich persönlich angegriffen hat, und das auf billigste und schäbigste Art und Weise. Das waren meist Leute, die meine Texte nicht einmal verstanden haben, aber umso lieber mit dem erhobenen Zeige- oder öfter noch Stinkefinger daherkommen. Wie gesagt, das passiert sonst auch, und wer Bücher schreibt, die rezensiert werden, tut gut daran, sich ein dickes Fell zuzulegen. Aber Rezensenten einer Zeitung bleiben wenigstens nicht anonym, man weiß hinterher, wer das geschrieben hat.  Und das macht doch einen gewaltigen Unterschied. (Über dieses Thema philosophiere ich auch in meinem SWZ-Artikel “Experte für alles”)


    Warum machst du nicht öfter bei Literaturwettbewerben mit?


Klingt einleuchtend, oder? “Du machst so lange bei Wettbewerben mit, bis mal etwas geht.” Leider ist das nicht ganz so einfach. Erstens nämlich müssen die eingereichten Texte meist unveröffentlicht sein. Obwohl es von mir jede Menge unveröffentlichter Texte gibt, mache ich oft den Fehler, sie zu “verschenken”. Sie landen dann unentgeltlich (oder fast) in Literaturzeitschriften o.ä. und sind damit für Wettbewerbe nicht mehr brauchbar. Ein weiteres Problem: Die Texte müssen ja zum Wettbewerbsthema passen (und diese Themen haben häufig einen regionalen Bezug), was wenn, dann eher zufällig gelingt. Zudem ist eine bestimmte Länge vorgegeben, die meist um die 10.000 Zeichen nicht überschreiten darf. So kurze Texte schreibe ich aber höchst selten, es ist einfach ein Format, das mir nicht so liegt. Deswegen müsste ich für die einzelnen Wettbewerbe eigens einen Text schreiben. Natürlich mache ich das auch, wenn mir zum Thema etwas einfällt. Aber meist überwiegt der Gedanken: “Und was mach ich dann mit einer 10.000-Zeichen-Erzählung?” Erzählbände interessieren kaum jemanden, die Leute lesen lieber Romane oder lange Erzählungen. Einen Roman zu schreiben ist wiederum verdammt langwierig, und man braucht schon ein gewisses Durchhaltevermögen. Andererseits hat ein “schlauer Kritiker” bei meinem ersten Erzählband die süffisante Frage gestellt, warum sich Jungautoren meist in ihrem Erstlingswerk an das “schwierige Genre” der Erzählung heranwagen (dem sie, so seine Suggestion, ohnehin nicht gewachsen seien). Die Antwort ist einfach: Erstens hatte ich als studierende Jungautorin nicht  die Zeit, mich an ein großes Thema heranzumachen (und jede Wette: die Kritik hätte bestimmt bemängelt, dass ein junger Mensch sich mit dem Thema xy völlig übernimmt) und zweitens hab ich mit den Erzählungen an Wettbewerben teilgenommen und damit Preise gewonnen.

Was zuletzt die Teilnahme an Wettbewerben schwierig macht: Nicht alle sind anonym. Als No-Name-Autorin, die keinen bedeutenden Verlag im Rücken hat, brauche ich da gar nicht mitzumachen. Und letztlich, aber das ist für mich selbstverständlich: Bei Wettbewerben, bei denen man eine Teilnahmegebühr entrichten muss, mache ich auch nicht mit. Wie man sieht, ist es am Ende doch nicht ganz so einfach mit den Wettbewerben. Zuerst muss man einen finden, der passt. Und dann sollte man auch noch möglichst einen Preis bekommen, um aus den Hunderten von Einsendungen hervorzustechen. Trotzdem hatte ich in der Vergangenheit immer wieder das Glück, das mir das gelungen ist, zuletzt beim ESsay-Wettbewerb der Berner Zeitung “Der Bund”. Das Wettlesen in der Dampfzentrale gehört zu den tollsten Erlebnissen, die mir als Schriftstellerin widerfahren sind. Hier gibt es meinen Essay zum Nachlesen und auch das Video meiner Lesung, wer lieber zuhören möchte.