Mein Adventskränzchen
Mein Adventskränzchen
Alle Jahre wieder laden mein Mann Kurt und ich zum Adventskränzchen: freche, besinnliche, liebe, traurige und lustige Gedichte und Geschichten aus fremder und (hauptsächlich) eigener Feder werden aufgetischt, dazwischen mit ein paar frischen Liedern garniert - und die bissig-satirischen Sketche mit Nina und Fred oder den seltsamen Kunden in der Tierhandlung dürfen auch nicht fehlen.
2008 war das Motto “Pfeffernuss und Engelshaar”,
2009 hingegen hieß es: “Ihr Rinderlein kommet” und
2010 gab es eine “WeihnachtsSternStunde”.
2011 lautete das Motto “Hirten und Könige”
2012 feierten wir “Weihnachten anderswo” und
2013 hieß es “O Pannenbaum”
2014 schließlich “Dieses Jahr schenken wir uns nichts”.
weihnachtsmärchen over the rainbow
wir sind auf der lebkuchenstraße gegangen
dorothy, blechmann, plüschlöwe und ich
auf dem weg zum winterzauber
kamen wir zur christkindlmaut
wurzelpüppchen strohhexen kitschengel
umschwebten uns belegten uns
mit ihrem dreifachen fluch
singen mussten wir vom lockigen haar
eintauchen in die dampfende brühe
des glühweinstroms
der blechmann blechte für alles
als die zähne uns schmerzten
vom pfeffernussknacken
fragte der löwe was ist
wenn der zauber nicht da ist
oder nur ein verhutzeltes kind
das die windeln voll hat
ich wollte ihm recht geben
da rief dorothy seht nur
da lag plötzlich zuckerwatte
rings auf den wiesen
seht nur rief dorothy
als wäre es schnee
wir verstummten ergriffen
und nahmen uns bei den händen
in der ferne
begann ein zimtstern zu leuchten
Auszug aus: Gerlindes Wunschzettel
Liebes Christkind, du weißt ja Bescheid:
Bald ist Weihnacht, bald ist es soweit.
Meine Wünsche, was ich gerne hätt,
leg ich dir wie stets auf das Fensterbrett.
Ein Hundchen, drollig, süß und klein,
anspruchslos und stubenrein,
die Diddl-Kaffeetassen, handbemalt in Singapur, Jessica von nebenan hat die von Spongebob nur.
Das Prada-Kleid mit Seidenband,
hergestellt von Kinderhand,
den Reebok-Turnschuh, schwarz und gelb,
mit Umluftkammern drin –
der Nike-Schuh vom letzten Jahr
ist dieses Jahr nicht in.
Das Notebook-Handy aus Taiwan
mit dem ich Filme machen kann,
mein Ipod wird schon langsam alt,
da muss ein neuer her –
auch ein Premiere-World-Anschluss
für meinen Fernseher.
Die zwei CDs von Thunderball,
das Videospiel „I’ll kill them all“,
und wenn auf deinen Schlitten nix mehr passt,
dann bring mir Geld –
dann kauf ich mir schon selbst, was mir gefällt.
(...)
Auszug aus “Fred und Nina retten die Welt”
ein Adventsszenario
Fred: Ich bin wieder da!
Nina: Ich bin in der Küche!
Fred: Schatz, was bedeutet...
Nina: Ich kann dich leider nicht küssen, ich hab das ganze Gesicht voll Schokolade.
Fred: Machst du schon wieder Kekse?
Nina: Bin grade fertig geworden. Hab nur noch die Schüssel ausgeschleckt.
Fred: Aber Schatz...
Nina: Ja, ich weiß, wir wollten dieses Jahr mal ein bisschen auf Süßigkeiten verzichten. Aber ich erklär dir alles.
Fred: Erklär mir zuerst mal, was die Friedhofskerzen im Flur bedeuten.
Nina: Eben, darauf wollte ich zu sprechen kommen.
Fred: Ich dachte, du wolltest mir erklären, warum du jetzt doch wieder Kekse backst.
Nina: Sag ich doch. – Aber jetzt setz dich erst mal hin.
Fred: Ja, mir schwant, dass ich das nötig haben werde.
Nina: Aber nein. Was denkst du schon wieder! Du wirst sehen, du wirst stolz auf mich sein.
Fred: Na schön. Ich sitze. Schieß los.
Nina: Zuerst will ich dich daran erinnern, dass du auch dafür warst, dass wir dieses Jahr mal alles anders machen.
Fred: Ja.
Nina: Wegen der Finanzkrise und so. Und wegen des geplatzten Bruckner-Auftrags. Und wegen der teuren Zahnbehandlung. Und wegen der Altersheimkosten für Mutter. Und wegen...
Fred: Ich weiß, ja, schon gut. Wir können uns dieses Jahr einfach nichts leisten.
Nina: Genau. Und deswegen wollten wir ja auch dieses Jahr mal nix spenden.
Fred: Wir sind ja bald selbst auf Spenden angewiesen.
Nina: Ja, eben. Und wir wollten bescheidene, aber dafür kreative Geschenke verschenken.
Fred: Komm zum Punkt.
Nina: Du weißt, ich nehme solche Sachen immer sehr ernst. Und heute...
Fred: Ich ahne Böses.
Nina: Unterbrich mich nicht, Schatz. Heute war so ein Beitrag im Radio. Dass alles den Bach runtergeht. Und dass es nur noch eines gibt, was uns retten kann.
Fred: Eine Invasion Außerirdischer?
Nina: Konsum, Fred! Der kleine Mann und die kleine Frau, also du und ich, wir sind jetzt die einzigen, die das Debakel noch abwenden können.
Fred: Indem wir...
Nina: Einkaufen. Es ist so einfach.
Fred: Aber das können wir uns nicht leisten!
Nina: Jetzt denk doch nicht immer so egoistisch. Es geht um das Wohl aller.
Fred: Und zum Wohl aller hast du zweihundert Friedhofskerzen gekauft?
Nina: Übertreib doch nicht so maßlos! Es sind nur fünfundzwanzig. Außerdem war das kein emotionaler Kauf, das darfst du nicht glauben. Ich hab mir das gut überlegt. Also: Erstens waren die Kerzen im Angebot. Zweitens unterstützt man mit dem Kauf jeder Kerze die Aktion Licht ins Dunkel.
Fred: Ist ja auch naheliegend.
Nina: Und drittens bekommt jetzt jeder unserer Freunde so eine Kerze zusammen mit einer Dose Handcreme.
Fred: Handcreme?
Nina: Das ist doch mal was Praktisches. So etwas bekommen sie sicher nicht von jemand anderem. Außerdem gehen 0,2 Promille des Kaufpreises an hungernde Kinder in Burkina Faso.
Fred: Unsere Freunde bekommen also Friedhofskerzen und Handcreme?
Nina: Und selbstgemachte Kekse.
Fred: Aber wir wollten doch dieses Jahr auf die Süßigkeiten verzichten!
Nina: Aber ich konnte nicht anders! Mit jeder Kilopackung Butter finanziert man ein Alphabetisierungsprojekt in Rumänien mit. Und der Zucker fördert die Reintegration ehemaliger Drogenabhängiger in die Gesellschaft.
Fred: Aha. Und was machen die Eier und das Mehl?
Nina: Die Eier richten einen Notfallfond für verarmte Kleinbauern in Portugal ein, und mit dem Mehl beteilige ich mich am Demokratisierungsprozess in Afghanistan.
Fred: Ich frage wohl besser nicht, was die Schokolade noch so alles kann.
Nina: Jetzt reg dich bloß nicht auf, Fred. Du darfst nicht vergessen, wir tun da jede Menge Gutes, ohne zusätzliches Geld auszugeben!
Fred: Das glaube ich. Und mit wie viel Geld insgesamt beteiligen wir uns an der Weltrettung, wenn ich fragen darf?
Nina: 839,44 Euro.
Fred: Macht dann insgesamt mehr als 1300 Euro.
Nina: Insgesamt?
Fred: Wenn man die erste Kreditrate mitrechnet.
Nina: Kreditrate?
Fred: Das sollte eigentlich eine Überraschung sein.
Nina: Jetzt sollte ich mich vielleicht auch setzen.
Fred: Der Kredit war wirklich zu einmaligen Konditionen zu haben. 300 Euro monatlich mit Nullverzinsung.
Nina: Oh nein. Du hast doch nicht etwa...
Fred: Doch... Aber ich konnte doch fast nicht anders. Die Autoindustrie ist ohne unsere Intervention am Ende!
Nina: Aber wir sind doch dagegen, dass noch mehr Autos die Straßen verstopfen! Du hast doch selbst vor zwei Tagen gesagt, dass du nichts einzuwenden hättest, wenn die Leute auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen würden.
Fred: Das war, bevor ich versucht habe, am Morgen mit dem Bus zur Arbeit zu fahren. Seither aber weiß ich, dass die öffentlichen Verkehrsmittel nur was für Schüler und Senioren sind, die nichts zu versäumen haben. (...)